CESI-CGFP-Konferenz: Die EU-Bürger verstärkt einbinden
CESI-CGFP-Konferenz: Die EU-Bürger verstärkt einbinden
„Was – Wie – Warum: Ein Tag über die Europäische Union – Leben und Arbeiten in der EU“ lautete eine Debatte zu der die „European Confederation of Independent Trade Unions“ (CESI) und deren Gründungsmitglied CGFP am 26. Oktober in Luxemburg eingeladen hatten. Zahlreiche hochkarätige Gastredner wohnten der Konferenz bei, unter ihnen EU-Kommissar Nicolas Schmit, der Vizepräsident des EU-Parlaments Marc Angel, Professor Dr. Luca Ratti der Universität Luxemburg sowie die Luxemburger EU-Abgeordneten Charles Goerens, Isabelle Wiseler-Lima, Tilly Metz und Monica Semedo.
Die von Carmen Jaffke moderierte Veranstaltung war Teil des Projekts „WeEP24“. Ziel dieser Initiative ist es, das Bewusstsein der Bürger für die Rolle und die demokratischen Werte der EU zu schärfen. Durch den direkten Austausch mit Bürgern sowie Arbeitnehmern in ausgewählten Ländern, darunter Luxemburg, soll die demokratische Beteiligung an den Europawahlen im Juni 2024 gefördert werden. Neben den Europawahlen waren u.a. die Arbeitnehmerrechte sowie die Errungenschaften im Bereich der Sozial- und Beschäftigungspolitik weitere Themenschwerpunkte dieses Treffens.
Den Euroskeptikern den Wind aus den Segeln nehmen
In seiner Begrüßungsansprache betonte Romain Wolff, Präsident der CESI und der CGFP, dass der Zusammenhalt innerhalb der EU in Zeiten der Polykrise wichtiger denn je ist. In zahlreichen Ländern gewinnen die rechtsextremen Kräfte Zuspruch, weil diese oft vermeintlich einfache Lösungen propagieren. Mehr denn je gilt es jetzt, alle Anstrengungen zu unternehmen, damit die Populisten und die Euroskeptiker nicht noch weiter gestärkt werden, mahnte Wolff.
Die EU ist nicht nur ein Friedensprojekt und eine Wirtschaftsunion, sondern auch eine Werteunion, die verstärkt vorangetrieben werden muss, unterstrich Romain Wolff. Trotz der erzielten Fortschritte – auch im sozialen Bereich – müssen die Vorteile der EU jedoch künftig den Bürgern besser vermittelt werden. Die Bürger müssen verstärkt in den Entscheidungsprozess eingebunden werden, um somit den Euroskeptikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, schlussfolgerte der CESI-Vorsitzende.
Gewerkschaften in der Verantwortung
In diesen „hysterischen Zeiten“ erleben wir eine gesamtgesellschaftliche Schwächung traditioneller Verwaltungsinstanzen, räumte CESI-Generalsekretär Klaus Heeger ein. Die Gewerkschaften haben nicht nur einen Interessenvertretungsauftrag, sondern auch einen gesamtgesellschaftlichen Stabilisierungsauftrag. Die Arbeitnehmervertreter müssen diesen Auftrag mit Selbstvertrauen und Verantwortung, aber auch mit Gelassenheit wahrnehmen. Selbstbewusste Gewerkschaften können und müssen diesen Beitrag leisten, so Heeger.
Neue Herausforderungen für den öffentlichen Dienst
Das Vordringen der Künstlichen Intelligenz in den Verwaltungen beschäftigt die nationalen öffentlichen Dienste gleichermaßen, bemerkte Beamtenminister Marc Hansen. Diesbezüglich gibt es enorme Herausforderungen im Bereich der Weiterbildung. Angesichts des rasanten digitalen Wandels und des herrschenden Fachkräftemangels muss der öffentliche Dienst als Arbeitgeber attraktiv bleiben, so Hansen. Neben einer attraktiven Lohnpolitik müssen Arbeitsbedingungen gewährleisten werden, die die Bedürfnisse der jungen Generationen stärker berücksichtigen. Des Weiteren müssen vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten in verschieden Formaten angeboten werden.
In der digitalen Welt müssen die gleichen Rechte gelten wie in der realen Welt, ergänzte der Vizepräsident des EU-Parlaments, Marc Angel. Wir können nicht eine Technologie des 21. Jahrhunderts nutzen und über ein Arbeitsrecht des 20. Jahrhunderts verfügen. Der Redner befasste sich zudem mit den Werten der Europäischen Union. Die Menschenrechte sind in der EU-Charta der Grundrechte verankert. Diese beinhaltet das Recht auf Nicht-Diskriminierung, auf Gerechtigkeit und auf den Schutz der eigenen Rechte. All diese Rechte werden zurzeit oft durch Falschinformationen angegriffen, so Angel, der zugleich den Wunsch äußerte, dass der umfangreiche Migrationspakt bald zum Abschluss kommt.
Im Bereich der Arbeitnehmerrechte und der Sozialpolitik hat die EU in den vergangenen Jahren wahre Fortschritte erzielt. Professor Dr. Luca Ratti von der Universität Luxemburg ging auf die 20 Schlüsselprinzipien und -rechte ein, die im Aktionsplan der Europäischen Säule sozialer Rechte verankert sind.
Ehrgeizige Ziele
Die darin vorgeschlagenen Kernziele, die bis 2030 innerhalb der EU verwirklicht werden sollen, sehen u.a. vor, dass mindestens 78 % der Menschen im Alter von 20 bis 64 Jahren erwerbstätig sein werden. Zudem soll die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen um wenigstens 15 Millionen gesenkt werden. Davon betroffen sind auch rund fünf Millionen Kinder.
Trotz der jüngsten Krisen (Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation, Terror-Angriffe der Hamas auf Israel…) sind in den vergangenen Jahren mehrere rechtsverbindliche relevante Richtlinien in Kraft getreten. Dazu gehören die Work-Life-Balance-Direktive und die Richtline für transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen. Verabschiedet wurden inzwischen auch die Richtline über die Mindestlöhne sowie eine neue Direktive über Lohntransparenz.
Trotz all dieser Erfolge bleibt noch so manches tun, so die einhellige Meinung der Konferenzteilnehmer. In der Pipeline steckt auch die „Plattform“-Richtlinie. Diese zielt darauf ab, Normen einzuführen, die klare und faire Arbeitsbedingungen für die sogenannten Plattform-Arbeitskräfte gewährleisten. Zudem gilt es, die Gespräche über eine effizientere Koordinierung der Sozialversicherungssysteme voranzutreiben.
Die Kehrtwende der EU
Die Finanzkrise war der Nährboden für den Aufwind der Euroskeptiker, unterstrich EU-Kommissar Nicolas Schmit zum Abschluss der Konferenz. Erst später hat Europa mit der Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte eine Wende erfahren, so der Redner.
Die schweren Folgen der Pandemie wurden mit einem umfangreichen Investitionsprogramm abgefedert. Durch die Einführung der Kurzarbeit wurde verhindert, dass Europa in eine Rezession abdriftet und der Binnenmarkt zusammenbricht. Zudem betonte Nicolas Schmit, dass die Schaffung einer europäischen Verteidigung von größter Wichtigkeit ist. Bei der Migration werden die Rechtsextremisten versuchen, eine Diskussion zur Spaltung der Gesellschaft aufzuzwingen, warnte das Mitglied der EU-Kommission. Um nicht in die Defensive zu geraten, sind mit Blick auf die Europawahlen starke, optimistische und entschlossene Aussagen für Europa erforderlich.