CESI-Summerdays: Der grüne Wandel darf keine Einschränkung der Arbeitnehmerrechte nach sich ziehen
CESI-Summerdays: Der grüne Wandel darf keine Einschränkung der Arbeitnehmerrechte nach sich ziehen
Die schwerwiegenden Folgen des Klimawandels sind schon jetzt deutlich zu erkennen: Die Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt. Allein in Europa sind im vergangenen Jahr rund 15.000 Menschen an den Folgen der Dürre gestorben.
Um Klimaneutralität, langfristiges Wirtschaftswachstum und Wohlstand zu erreichen, ergreift die Europäische Union ehrgeizige politische Initiativen: Bis 2050 will die EU zur weltweit ersten Region ohne Nettoemissionen von Treibhausgasen werden. Inzwischen zweifelt niemand ernsthaft daran, dass der grüne und digitale Wandel für tiefgreifende Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt in ganz Europa sorgen wird.
In diesem Zusammenhang hat die Europäische Union der Unabhängigen Gewerkschaften (CESI), der die CGFP als Gründungsmitglied angehört, in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung und Reshaping Work kürzlich zum dritten Mal die CESI-Summerdays in Brüssel veranstaltet. An diesem Diskussionsforum nahm auch eine von Nationalpräsident Romain Wolff und Generalsekretär Steve Heiliger angeführte CGFP-Delegation teil.
Wie wird sich der „Green Deal“ auf die Wirtschaft und die Arbeitsplätze auswirken? Wie kann der Grüne Deal fair, integrativ und nachhaltig gestaltet werden? Welche Folgen werden diese Veränderungen auf die einzelnen Branchen haben? Welche Herausforderungen ergeben sich aus der Sicht des öffentlichen und privaten Sektors? Wie kann die Beteiligung der Arbeitnehmer an der Entscheidungsfindung und am Sozialdialog sichergestellt werden?
Bis zu 2,5 Millionen neue Arbeitsplätze?
Mit all diesen Themen setzten sich Experten und Vertreter der internationalen Institutionen, des öffentlichen Dienstes sowie der Gewerkschaften und Unternehmen während des zweitägigen Treffens auseinander. Keine richtige Antwort gab es auf die Frage, ob der „Green Deal“ der EU zu einem Jobgewinn oder -verlust führen wird. Sektoren mit hoher Treibhausgasintensität würden beträchtliche Einkommensverluste erleiden, hieß es. Mit dem EU-Verbot der Verbrennungsmotoren ab 2035 würden beispielsweise Schätzungen zufolge 500.000 Arbeitsplätze in der EU verloren gehen.
Anderseits könne der grüne Aufschwung bis 2030 bis zu 2,5 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen, betonte Joost Korte, Generaldirektor für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten bei der EU-Kommission. Zusätzliche 500.000 Jobs könnten in der umweltfreundlichen „net zero Clean- und Techindustrie“ entstehen. Grüne Jobs seien längst nicht immer ein Garant für gute Rahmenbedingungen, unterstrichen unterdessen einzelne Redner. Viele Bereiche (Recycling, Landwirtschaft…) würden sich durch niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen auszeichnen.
Beinahe 85 % der Arbeitsplätze, die im Jahr 2030 gebraucht würden, seien zurzeit noch nicht „erfunden“, da sich das Konsumverhalten ständig verändere, so eine weitere Feststellung. Die Unternehmen müssten dem steigenden Bedürfnis ihrer Kunden nach nachhaltigeren Produkten Rechnung tragen.
9,6 Billionen Euro zur Förderung grüner Arbeitsplätze
Weitgehende Einigkeit herrschte darüber, dass verstärkt in die Fortbildung und Umschulung investiert werden müsse, ansonsten werde der grüne Wandel ein Papiertiger.
An finanziellen Mitteln mangelt es wahrlich nicht. Auf EU-Ebene werden bis 2027 insgesamt 9,6 Billionen Euro zur Förderung grüner Arbeitsplätze bereitgestellt. Die Diskussionsteilnehmer stimmten darüber ein, dass diese Mittel gut angelegt werden müssten. Das „Up- und Reskilling“ mache kleinen und mittelgroßen Unternehmen wesentlich mehr zu schaffen als den Großkonzernen.
Die Dekarbonisierung könne eine Chance darstellen, wenn die Arbeitnehmer an erster Stelle stünden, lautete eine der Kernschlussfolgerung. „Lasst uns die Arbeitnehmer und nicht die Arbeitsplätze schützen“, so die Vertreterin eines weltweit führenden Personaldienstleisters, der Millionen von Menschen zu neuen Karrieremöglichkeiten verhilft.
„Wir müssen junge Menschen anziehen, um gemeinsam die enormen Herausforderungen zu meistern“, bekräftigte CESI-Generalsekretär Klaus Heeger. Dafür sei ein starker sozialer Zusammenhalt erforderlich.
Die Sozialpartner, insbesondere die Gewerkschaften, würden dabei eine entscheidende Rolle einnehmen, fügte der CESI-Vorsitzende Romain Wolff hinzu: „Die Rechte der Arbeitnehmer dürfen in keiner Weise eingeschränkt oder abgebaut werden, nur weil der grüne Übergang stattfindet. Das wäre für uns Gewerkschafter ein No-Go.“
„Den Bürgern die Angst nehmen“
Bei den Anstrengungen, den grünen Wandel voranzutreiben, dürfe die soziale Komponente nicht auf der Strecke bleiben, so Wolff: „Der Übergang sollte jedem ermöglicht werden, unabhängig von der Höhe des Einkommens.“
Wichtig sei es, realistische Ziele zu stecken. Auf europäischer Ebene müsse unter Einbeziehung aller Gewerkschaften im Rahmen eines echten Sozialdialogs nach sozialverträglichen Lösungen gesucht werden. Den politisch Verantwortlichen obliege es, den Bürgern die Ängste vor den bevorstehenden Veränderungen zu nehmen. Es wäre grundlegend falsch, Beschlüsse durchzusetzen, ohne im Vorfeld den Menschen zu erklären, welche Folgen ein Nichthandeln nach sich ziehen würde.
„Wir müssen jetzt handeln“, gab sich Romain Wolff kämpferisch. Der benötigte Kraftakt werde nicht einfach sein. Doch gemeinsam könnten alle Akteure zum Erfolg des grünen Wandels beitragen.