CGFP-Pressekonferenz: Parteien auf dem Prüfstand
CGFP-Pressekonferenz: Parteien auf dem Prüfstand
Im Vorfeld der Parlamentswahlen stellte die CGFP an diesem Mittwoch der Presse die Ergebnisse der CGFP-Wahlprüfsteine vor. Zugleich bezog die CGFP Stellung zum Schlichtungsverfahren, das letzte Woche gegen die Regierung wegen Missachtung des Gehälterabkommens in die Wege geleitet wurde.
Im Dezember 2022 hatten sich die CGFP und die Regierung nach zähen Verhandlungen neben zwei Punktwerterhöhungen u.a. darauf geeinigt, das Bewertungssystem im Staatsdienst zum 1. Januar dieses Jahres abzuschaffen. Inzwischen hat die Dreierkoalition den Text des entsprechenden Gesetzentwurfs termingerecht vorgelegt.
Die Analyse, die zurzeit seitens der CGFP durchgeführt wird, ändert jedoch nichts daran, dass das Beurteilungssystem abgeschafft gehört. Dies umso mehr, als die Dreierkoalition weder bei den Gehälterverhandlungen noch bei der Unterzeichnung des besagten Abkommens auf irgendwelche Einschränkungen hingewiesen hatte, die in diesem Zusammenhang in manchen Verwaltungen auftreten könnten.
Eine Prinzipienfrage
Ohne die Reform des Armeegesetzes als solche infrage zu stellen, pocht die CGFP auch nach dessen Verabschiedung darauf, dass die im Art. 32 verankerte Wiedereinführung des Bewertungssystems ersatzlos gestrichen wird.
2019 war bei den Streitkräften das armeespezifische Bewertungssystem durch jenes ersetzt worden, das damals im gesamten Staatsdienst angewandt wurde. Nachdem das flächendeckende Benotungssystem infolge des jüngsten Besoldungsabkommens im öffentlichen Dienst beseitigt wurde, greift die Armee jetzt wieder auf ein System zurück, das nach dem Zweiten Weltkrieg durch einen großherzoglichen Beschluss eingeführt worden war.
„Dies stellt einen klaren Verstoß gegen das jüngste Gehälterabkommen dar“, unterstrich CGFP-Nationalpräsident Romain Wolff vor der Presse.
Falsche Darstellung des Ministers
Den Aussagen des Generalstabschefs zufolge gibt es weder auf EU- noch auf NATO-Ebene eine übergeordnete Norm, die die Armeen dazu verpflichtet, ein Benotungssystem anzuwenden. Auf diese Tatsache hat die CGFP vergangene Woche in einer Pressemitteilung hingewiesen. Entgegen der fälschlichen Darstellung des Verteidigungsministers vergangene Woche im Parlament hat die CGFP jedoch nie behauptet, dass in anderen Staaten die nationale gesetzliche Grundlage zur Anwendung eines Bewertungssystems fehle.
Des Weiteren ließ der zuständige Minister verlauten, das Bewertungssystem diene nicht dazu, den Armeeangehörigen mehr Gehalt zu geben. Vielmehr ziele es darauf ab, eine Beförderung im militärischen Rang zu ermöglichen. Auch diese These entspricht nicht ganz der Wahrheit. So ist es z.B. möglich, dass einem Armeeangehörigen aufgrund einer schlechten Benotung der Zugang zu einem „poste à responsabilité particulière“ (PARP) verwehrt bleibt. Nachteile können u.a. auch in Bezug auf die „carrières ouvertes“ entstehen.
Erschwerend hinzu kommt, dass die gesetzlichen Änderungen auf der Zielgeraden vor den Parlamentswahlen vollzogen wurden, ohne dass zuvor eine Rücksprache mit der Berufskammer aller öffentlich Bediensteten stattfand.
Weiterer Verstoß gegen das Gehälterabkommen
Die CGFP-Befürchtung, dass die Wiedereinführung des Bewertungssystems bei der Armee Nachahmer im Staatsdienst finden könnte, hat sich bestätigt. Inzwischen zieht auch die „Spuerkeess“ in Erwägung, zur „Rentrée“ im Herbst ein Benotungssystem bei ihren Mitarbeitern wiedereinzuführen. Sollte sich dies bewahrheiten, wäre diese Maßnahme ebenfalls nicht konform zum laufenden Gehälterabkommen. Auch wenn der einstige Begriff „appréciation“ in „entretien de carrière“ umbenannt wird, bleibt die Zielsetzung die gleiche.
In einem Rechtsstaat wie Luxemburg, das sich gerne als EU-Musterschüler zeigt, sind Verstöße gegen Vereinbarungen mit der Regierung unter keinen Umständen hinnehmbar. Den politischen Entscheidungsträgern darf die Umsetzung ihrer Abkommen nicht gleichgültig sein. Die CGFP wird deshalb gleich zu Beginn des Schlichtungsverfahrens alles in Bewegung setzen, um eine Aufweichung des Gehälterabkommens zu verhindern.
Falls sich die Parteien an ihr Wahlversprechen halten, darf die CGFP bei ihren Bemühungen auf eine große politische Unterstützung zählen. Im Rahmen der soeben veröffentlichten CGFP-Wahlprüfsteine haben acht der insgesamt neun Parteien klar angegeben, dass sie nicht gedenken, die Abschaffung des Bewertungssystems rückgängig zu machen. Auch die Partei des Verteidigungsministers ist dieser Ansicht.
Bereits in der Vorwahlkampfzeit sei offensichtlich geworden, dass ein Kernelement des Besoldungsabkommens keinen Bestand mehr habe, hieß es auf der CGFP-Pressekonferenz. Folglich dürfe es niemanden verwundern, wenn die Politik an Vertrauen einbüße.
Die Parteien im Faktencheck
Die Auswertung der CGFP-Wahlprüfsteine, die rund 50 Fragen zu brisanten Themenfeldern umfassen, bringt zudem weitere interessante Schlüsse zum Vorschein.
Abgesehen von déi Lénk und der KPL betrachten alle Parteien die CGFP als alleinigen Verhandlungspartner, um über die Belange der Staatsbediensteten zu verhandeln. Außerdem bekennen sich nahezu alle Parteien eindeutig zum öffentlichen Statut. Sie sprechen sich zudem für einen leistungsstarken Staatsdienst und für die Gewerkschaftsfreiheit aus.
Ein weiteres Kapitel der CGFP-Wahlprüfsteine befasst sich mit einer möglichen zusätzlichen Öffnung des Staatsdienstes für Nicht-Luxemburger. Bei den Umfrageteilnehmern herrscht ein breiter Konsens, dass hoheitsrechtliche Aufgaben auch in Zukunft ausschließlich von Luxemburgern wahrgenommen werden sollen. Sie liegen damit auf einer Linie mit der CGFP. Lediglich Fokus will von der aktuellen Regelung abweichen.
Ein Großteil der befragten Parteien sieht nach den Parlamentswahlen großen Handlungsbedarf in der Steuerpolitik, um die Privathaushalte zu entlasten. Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch heraus, dass es viele unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, was genau unter einer gerechten Steuerreform zu verstehen ist.
Eindringlicher Aufruf an die Politik
In puncto Altersversorgung teilen zwei Drittel der Parteien die CGFP-Ansicht, dass kein Grund besteht, in der kommenden Legislaturperiode Verschlechterungen auf Kosten der Versicherten ins Auge zu fassen. Lediglich die ADR sieht einen Reformbedarf, währenddessen déi Gréng zur Rentenfinanzierung auch Beiträge auf Kapitaleinkommen erheben wollen.
In der Wohnungsbaupolitik gibt es unterschiedliche Auffassungen, u.a. was einen möglichen Eingriff der öffentlichen Hand in den Immobilienmarkt betrifft. Weitere Themen, die im Rahmen der CGFP-Wahlprüfsteine erörtert werden, sind die Gesundheits- und Klimapolitik. Nähere Einzelheiten dazu erfährt man in der Printausgabe von „fonction publique“, die auch online auf der CGFP-Homepage abrufbar ist.
Gemäß ihrer langjährigen Tradition verzichtet die CGFP als politisch neutraler Berufsverband auch dieses Mal darauf, eine Wahlempfehlung auszusprechen. Anlässlich der Pressekonferenz forderte CGFP-Generalsekretär Steve Heiliger die Politik lediglich dazu auf, sich nach dem Urnengang an ihre Wahlversprechen zu halten. Sollte dies nicht der Fall sein, werde die CGFP die politisch Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.