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Gelebte Solidarität

Gelebte Solidarität

2022/05/18

Dass das Ergebnis der jüngsten Tripartite vielleicht nicht der ganz große Wurf für den Sozialstaat Luxemburg ist, weiß auch die CGFP. Um in puncto soziale Gerechtigkeit substanzielle und nachhaltige Verbesserungen zu erreichen, hätten die Dreiergespräche in der Tat keine reine Index-Diskussion sein dürfen: Weitere, sprich sozialpolitische Maßnahmen hätten zusätzlich dazu auf den Tisch gehört, um den über die Jahre entstandenen Ungleichheiten entschieden und wirksam entgegenzuwirken und die Schere zwischen Arm und Reich auf diese Weise zumindest zu verkleinern.

Sozialpolitik lässt sich nicht über den Index regeln. Das hat die CGFP immer wieder betont. Und das sagt sie auch heute noch. Sozialpolitik, laut Wörterbuch die Bezeichnung für „Methoden und Konzepte zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Situation insbesondere benachteiligter gesellschaftlicher Gruppen“, lässt sich grundsätzlich nur über steuerpolitische Maßnahmen erreichen. Und dazu gehört in erster Linie auch die längst überfällige und von CGFP-Seite immer wieder geforderte Anpassung der Steuertabelle an die Inflation.

Wenn die CGFP dem jüngsten Tripartite-Abkommen zugestimmt und ihre Unterschrift unter das Maßnahmenpaket gesetzt hat, heißt das sicherlich nicht, dass auf diese Weise alle CGFP-Forderungen von einem Augenblick zum anderen vom Tisch wären. Das Gegenteil ist der Fall, wie ja auch die jüngste Sitzung des CGFP-Nationalvorstandes gezeigt hat. Die Botschaft war klar und deutlich: Index-Verschiebungen dürften auf keinen Fall „um jeden Preis“ hingenommen werden. Und die CGFP-Exekutive soll nicht davor zurückschrecken, die „echten Herausforderungen“ des Landes anzugehen, auch wenn es dafür politischen Mutes bedürfe (siehe hierzu auch den untenstehenden Beitrag).

Die CGFP-Vertreter am Verhandlungstisch jedenfalls hatten einen unmissverständlichen Auftrag vom
CGFP-Nationalvorstand, einem der höchsten CGFP-Gremien, erhalten: Zum einen dürfe der Indexmechanismus als solcher auf keinen Fall infrage gestellt werden. Und zum anderen müssten die zunächst von Regierungsseite vorgelegten Kompensationsmaßnahmen bei niedrigen Gehältern deutlich nach oben korrigiert werden – wohlwissend, dass nur sehr wenige CGFP-Mitglieder selbst davon profitieren würden.

Wenn die CGFP-Vertreter dem jüngsten Tripartite-Abkommen also zugestimmt haben, war das – mit Blick auf das ihnen erteilte Mandat – in erster Linie ein Akt von gelebter Solidarität. Und zwar denjenigen gegenüber, die es in Krisenzeiten besonders schwer haben: die Gering- und Mittelverdiener. Dass ihr finanzieller Ausfall durch die Verschiebung einer Indextranche aufgrund der getroffenen Vereinbarung nun disproportional ausgeglichen wird, muss nicht lange diskutiert werden, das lässt sich arithmetisch belegen.

Es ist dies nicht das erste Mal, dass sich die CGFP bestimmten Gruppen gegenüber äußerst solidarisch verhalten hat. Dabei hat sie ihren eigentlichen Auftrag, nämlich die Interessen all ihrer Mitglieder und damit des gesamten öffentlichen Dienstes nachhaltig zu vertreten, niemals aus dem Auge verloren.

Und so haben die höchsten CGFP-Gremien immer wieder Verantwortung übernommen und gewissenhaft gehandelt, wenn die Situation dies erforderte.

So erinnern wir uns beispielsweise an das Zusatzpapier zum Gehälterabkommen aus dem Jahre 2018, in dem die CGFP – und mit ihr alle öffentlich Bediensteten – auf eine lineare Punktwerterhöhung verzichteten, um im Gegenzug die längst überfällige Abschaffung der unsäglichen 80/80/90-Regelung während der Stagezeit zu erreichen. Völlig zurecht sprach die CGFP damals von einem „Solidaritätsabkommen für künftige Generationen“, das mit Verhandlungsgeschick, Durchsetzungsvermögen und stichfesten Argumenten durchgesetzt werden konnte.

Dass auf die CGFP immer wieder Verlass ist, wenn es um gelebte Solidarität geht, davon zeugt auch das jüngste Anfang 2021 unterzeichnete Gehälterabkommen für die Jahre 2021 und 2022. In einer noch nie da gewesenen Pandemie hat die CGFP erneut Vernunft walten lassen und sich mit der Regierung auf ein in Krisenzeiten angemessenes Gehälterabkommen für den öffentlichen Dienst geeinigt. Angesichts der Krise hatte die CGFP, als zuverlässiger Sozialpartner, auf strukturelle finanzielle Verbesserungen verzichtet und den Schwerpunkt stattdessen auf qualitativ hochwertige Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst gelegt. Und das, obwohl sich CGFP und Regierung einig darüber waren, dass der Staatsdienst, neben anderen Akteuren, eine äußerst wichtige Rolle bei der Krisenbewältigung eingenommen hatte.

Nach so viel Solidarität über all die Jahre wissen die CGFP-Gremien aber auch, dass jetzt allmählich der Zeitpunkt gekommen ist, Ansprüche stellen zu dürfen. Das Verlangen nach konkreter Anerkennung ist in der Tat sehr groß. Wertschätzung ist nun mal mehr als nur Lob und Applaus. Dass nicht nur die CGFP-Gremien, sondern auch die Regierung das hoffentlich so sieht, kann die CGFP nur vermuten. Anlass zur Hoffnung geben jedenfalls die Aussagen von Beamtenminister Marc Hansen in der RTL-Sendung „Background“ vom 19. Februar 2022, der die Möglichkeit einer Gehaltsaufbesserung im Zuge der zum Jahresende anstehenden Gehälterverhandlungen zumindest nicht von vorneherein ausgeschlossen hat – auch wenn er sich im „fp“-Interview in dieser Frage eher bedeckt hält (siehe dazu die Seiten 5 bis 9).

Die CGFP ist sich durchaus bewusst, in welch schwierigem internationalen Umfeld wir uns gerade befinden. Das völlig sinnlose Kriegsgeschehen in der Ukraine hat auch die öffentlich Bediensteten in Luxemburg nicht unberührt gelassen. Und wieder einmal wurde ein deutliches Zeichen der Solidarität gesetzt, indem ihre Berufsvertretung, die CGFP, zusammen mit der „Fondation CGFP de Secours“, ein konkretes Hilfsprojekt zur Unterstützung der hilfsbedürftigen Menschen in der Ukraine mit einem Gesamtvolumen von 100.000 Euro startete und Soforthilfe leistete. „fonction publique“ wird demnächst ausführlich darüber berichten.

Die CGFP weiß aber auch, dass gerade in Krisenzeiten ein starker und leistungsfähiger öffentlicher Dienst von größter Bedeutung ist. Dass die Bediensteten den Herausforderungen der vergangenen zwei Jahre auf exemplarische Weise begegnet sind, muss an dieser Stelle nicht eigens hervorgehoben werden. Das ist schlicht eine Tatsache. Und genauso darf selbst in Krisenzeiten der Ruf nach Aufmerksamkeit und Anerkennung nicht ungehört verhallen. Denn irgendwann stoßen auch Verständnis und Gutmütigkeit an ihre Grenzen. Und dieser Zeitpunkt ist allmählich erreicht.

Steve Heiliger,

CGFP-Generalsekretär

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