Verrat am Wähler
Verrat am Wähler
Dass Luxemburg über einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst verfügt, wurde nicht erst während der Corona-Krise deutlich. Seit jeher werden den öffentlich Bediensteten in Umfragen immer wieder gute Noten ausgestellt – und das selbst von Institutionen wie der OECD, die nicht unbedingt dafür bekannt sind, das Beamtentum in ihr Herz geschlossen zu haben. Auch der luxemburgische Wirtschafts- und Sozialrat hat, neben anderen Sektoren, ebenfalls den öffentlichen Dienst in seinem Gutachten zur Krisenbewältigung als proaktiv und leistungsstark gewertet.
Was dem öffentlichen Dienst mitunter fehlt, ist eine verstärkte Anerkennung vonseiten der Politik, die ihm indiskutabel zusteht. Dabei stellt sich immer mehr heraus, dass die Wertschätzung ein äußerst wichtiger Punkt zwischen den Arbeitgebern, in unserem Fall der Regierung, und den Arbeitnehmern ist.
Auch momentan steht der öffentliche Dienst immer noch vor großen Herausforderungen: eine Pandemie, die laut Wissenschaft weitgehend in eine Endemie scheint überzugehen, eine vergleichsweise immer noch hohe Inflation, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine mit all seinen Konsequenzen, hohe Lebenskosten, eine Wohnungskrise, die Energiewende und der Klimawandel – alles Merkmale, die zwar bekannt sind und dennoch mit hohen Anforderungen an den öffentlichen Dienst verbunden sind.
Auch wenn die CGFP im laufenden Gehälterabkommen mit Ausdauer, Verhandlungsgeschick und Überzeugungskraft so manche Maßnahmen im Interesse ihrer Mitglieder und damit des gesamten öffentlichen Dienstes erzielen konnte, bleiben insbesondere auf sektorieller Ebene noch etliche Fragen offen. Daher ist es auch nur verständlich und legitim, dass so mancher CGFP-Fachverband die Gunst der Stunde, sprich die Vorwahlzeit nutzt, um der Politik seine Anliegen und berechtigten Forderungen zu unterbreiten.
Tatsache ist: Wir haben einen leistungsstarken öffentlichen Dienst. Und den wollen wir auch behalten. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes bringt es jüngst in einer Publikation treffend auf den Punkt: „Unserem Land und den Menschen, die hier leben, stehen zahlreiche Herausforderungen ins Haus, bei denen ein gut funktionierender öffentlicher Dienst stets Teil der Lösung ist.“ Was für Deutschland zählt, gilt sicherlich auch nicht weniger für Luxemburg. Es geht schlicht und ergreifend darum, den öffentlichen Dienst so aufzustellen, dass dieser fit für die Zukunft ist und den Herausforderungen von morgen genauso gerecht werden kann, wie er das bis heute stets getan hat.
Für den technischen Fortschritt und die Entwicklung von immer neuen Tools sorgen in erster Linie gut ausgebildete und hoch motivierte Mitarbeiter. Ein Blick ins Internet bestätigt: „Respekt, Anerkennung und Wertschätzung gehören zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren bei der Motivation und Bindung von Mitarbeitern. Gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel und den zunehmenden Mangel an qualifizierten Fachkräften gewinnt eine nachhaltige Personalbindung mehr an Bedeutung und Brisanz.“
Vor dem Hintergrund der auf den öffentlichen Dienst zukommenden Herausforderungen will die CGFP, mit Blick auf die Parlamentswahlen am 8. Oktober, von den politischen Parteien wissen, wie sie zum Staatsdienst und folglich zu den öffentlich Bediensteten stehen. Dass die CGFP aufgrund der gesammelten Erkenntnisse nun eine Wahlempfehlung abgeben würde, steht in diesem Jahr genauso außer Frage wie bei den vorherigen Urnengängen. Ihre Neutralität und politische Unabhängigkeit bilden seit jeher den Schlüssel zu ihrem Erfolg. Und daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern.
Nichtsdestotrotz nutzt die CGFP auch in diesem Jahr die Gelegenheit, den Parteien im Vorfeld der Parlamentswahlen auf den Zahn zu fühlen. Ganz in diesem Sinne hat sie erneut ihre „Wahlprüfsteine“, sprich einen breitgefächerten Fragebogen, zusammengestellt und den politischen Parteien mittlerweilezugestellt (siehe dazu auch Seite 7). Sämtliche Parteien haben den Empfang inzwischen schon bestätigt und angekündigt, in dem vorgegebenen Zeitraum Stellung zu den unterschiedlichen Themenfeldern zu beziehen.
Offen gesagt: Allzu schwer dürfte es den Empfängern nicht fallen, die passenden Antworten zu finden. Greifen wir an dieser Stelle nur zwei Beispiele heraus: Dass Angelegenheiten, die den öffentlichen Dienst betreffen, auch in Zukunft einzig und alleine mit der CGFP, der einzigen national repräsentativen Berufsorganisation für den öffentlichen Dienst, verhandelt werden, ist doch offensichtlich und bedarf keiner großartigen Gedankengänge. Ebenso ist es doch selbstverständlich, dass in der nächsten Legislaturperiode endlich die längst überfällige und bereits im laufenden Koalitionsprogramm angekündigte allgemeine Steuerreform in Angriff genommen wird, um die privaten Haushalte nachhaltig finanziell zu entlasten. Die CGFP wird die Antworten kommentarlos in der Juli-Ausgabe dieser Zeitung veröffentlichen, damit unsere Leser aufgrund einer sachlichen Darstellung selbst entscheiden können, an welcher Stelle sie am 8. Oktober ihr Kreuzchen machen.
Etwas wird die CGFP allerdings keinesfalls dulden. Und zwar, dass sich die Politik nach dem 8. Oktober nicht mehr an das erinnern möge, zu dem sie sich vor dem 8. Oktober verpflichtet hat. Das käme schlicht und ergreifend einem Verrat am Wähler gleich, den die CGFP auf keinen Fall hinnehmen würde. Dies noch umso weniger, wenn es dabei um Zusagen im Interesse des öffentlichen Dienstes ginge. Jeder Politiker, der sich und seine Arbeit auch nur halbwegs ernst nimmt, sollte deshalb peinlichst genau darauf achten, dass es nicht zu einer solchen Situation kommt. Die Konsequenzen wären fatal. Das ohnehin schwindende Vertrauen in die Politik würde dann definitiv verloren gehen!
Steve Heiliger,
CGFP-Generalsekretär